Der kritische Blick

Oft wenden sich Bürger aus betroffenen Straßen mit Fragen an die Politik. Gerade nach der Erhöhung der Förderung der Anliegerbeiträge im März 2022, welches keine Abschaffung des § 8 KAG darstellt, lohnt sich ein kritischer Blick auf die Kommunikation mancher Politiker. Dies wollen wir an dieser Stelle einmal tun.

Die Uhlandstraße, St. Augustin und der CDU Landtagskandidat Sascha Lienesch

Vorwort

Wir, die "Interessengemeinschaft Siegen-Wittgenstein für beitragsfreie Straßen", haben im Rahmen einer Videokonferenz die Anlieger der Uhlandstraße in St. Augustin über das Thema Straßenbaubeiträge informiert. Daraufhin formierte sich auch dort der Widerstand und der Protest gegen die drohenden Beitragszahlungen.

Nachdem die sogenannte NRW-Koalition die neuen Förderrichtlinien im März 2022 verabschiedet hatten, wandte sich der hiesige Landtagskandidat Herrn Sascha Lienesch (CDU) mit einem Schreiben an die Anlieger der Uhlandstraße.
Aus unserer Sicht werden die Anlieger mit dem Schreiben von Herrn Lienesch getäuscht und wir möchten einige Punkte klarstellen.

Weiter unten finden Sie das Schreiben von Herrn Lienesch zum Nachlesen.
Alle hier aufgegriffenen Aussagen sind dort markiert und werden folgend unsererseits kommentiert: 


Fakt 1:

Aussage im Schreiben: „..., dass ab sofort keine Anliegerbeiträge mehr erhoben werden. Die Gebühren sind damit faktisch abgeschafft.“

Diese Aussage ist nicht nur menschlich, sondern auch juristisch FALSCH! Der §8 KAG, wurde von der CDU nicht abgeschafft und somit besteht weiterhin die ERHEBUNGSPFLICHT der Städte und Kommunen. Diese sind weiterhin dazu verpflichtet, nach jeder Straßenbaumaßnahme, eine Gesamtkostenrechnung zu erstellen und anschließend die Anliegeranteile zu ermitteln und diesen in einem Bescheid auch zu erheben.

Fakt 2:

Aussage im Schreiben: „... von derzeit 130 Millionen Euro im Fördertopf sind...“

Diese Aussage ist ebenfalls FALSCH. Es gibt keinen Fördertopf von 130 Millionen. Laut Förderrichtlinie sollten jährlich 65 Millionen zur Verfügung gestellt werden. Das heißt, 2020 sollten 65 Millionen zur Verfügung gestellt werden, 2021 und auch 2022. Alle Mittel, die in einem Jahr NICHT abgehoben worden sind, sind NICHT im Fördertopf verblieben. Hier haben sich also NICHT 195 Millionen angesammelt. Und es stehen auch aktuell nicht 130 Millionen Euro zur Verfügung. Laut Haushaltsbeschluss stehen 65 Millionen zur Verfügung. Und die genannten 11 Millionen, die abgeflossen sind, sind nicht in DIESEM Jahr abgeflossen, sondern in der gesamten Zeit der Förderrichtlinie.

Fakt 3:

Aussage im Schreiben: „... in NRW wurden nur zehn abgelehnt.“

Man stellt hier positiv heraus, dass NUR 10 Anträge abgelehnt worden sind. An dieser Stelle sollte man sich fragen, warum es NUR 10 sind. Und warum einige Städte keine Anträge gestellt haben, denn dann wären es noch mehr gewesen.
Bereits 2020 stand die Förderrichtlinie in der Kritik, dass der bürokratische Aufwand zu hoch sei und die Stichtagsregelung willkürlich. Dies hat zur Folge, dass auch im Jahr 2022 Anlieger für Straßenbaumaßnahmen zahlen MÜSSEN, weil sie NICHT unter die Förderrichtlinie fallen. Dazu verweisen wir gerne auf zwei aktuelle TV-Beiträge, die das aufgegriffen haben. In unserer Initiative gibt es übrigens weitere Straßenzüge, die 2022 ihren Bescheid erhalten und NICHT unter die Förderrichtlinie fallen.

Fakt 4:

Aussage im Schreiben: „.... Und sorgen dafür, dass marode Anliegerstraßen endlich instandgesetzt werden.“

Die Förderrichtlinie hat nichts mit dem Sanierungsstau der Städte zu tun. Der Straßenbau hat in den letzten Jahren massiv zugenommen und nun kommen alle Straßen zeitgleich in einen maroden Zustand. Durch die Erstattung des Anliegeranteils, haben die Städte trotzdem nicht mehr finanzielle Mittel im Haushalt, um MEHR Straßen auszubauen. Städte können nur im Rahmen ihres Haushalts Straßenbaumaßnahmen planen, sowie Sanierungen. Diese sind im Übrigen im Straßen- und Wegekonzept festgehalten.

Fakt 5:

Aussage im Schreiben: „... ein Konzept zu gesetzlichen Abschaffung der Straßenbaubeiträge vorzulegen.“

Der Antrag der CDU und FDP liegt uns vor, leider steht dort ein anderer Wortlaut drin, den wir an dieser Stelle gerne zitieren möchten:

„Dazu soll die Landesregierung Nordrhein-Westfalen dem Landtag bis zum 30. Juni 2022 ein Konzept vorlegen, wie die Verpflichtung zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen aufgegeben werden kann. Denn: Es handelt sich bei dem Grundsachverhalt um ausschließlich kommunales Vermögen, welches in der Zuständigkeit und der Verantwortung der jeweiligen Städte und Gemeinden liegt. Damit tragen die Städte und Gemeinden auch die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit für die Erhaltung dieses Vermögens.“

Im Klartext bedeutet, dass: Man möchte das Gesetz gar nicht abschaffen, sondern nur die Erhebungspflicht!
Anstatt eine Kompensierung durch Landesmittel zu regeln, wird „der schwarze Peter“ hier einfach den Städten zugeschrieben, die sich anschließend darum kümmern sollen, woher sie das erforderliche Geld bekommen. CDU und FDP haben in den letzten 5 Jahren offensichtlich nicht verstanden, worum es uns, den KAG-Gegner geht.

Fakt 6:

Aussage im Schreiben: „... ohne dass dafür ein Cent im Haushalt eingestellt ist.“

Im Landeshaushalt sind 65 Millionen zur Kompensierung der Anliegerbeiträge (durch die Landesregierung) eingestellt. Warum sollte man einen weiteren Posten dafür im Haushalt benennen? Man kann das Geld auch nicht doppelt ausgeben. Das ist Geld ist da und wie Herr Lienesch bereits oben geschrieben haben, ist so viel Geld vorhanden, dass man damit die Anlieger Entlastung von 50 auf 100 % aufstocken kann. Sehr fraglich, was er an dieser Stelle aussagen möchte.

Fakt 7:

Aussage im Schreiben: „Es wird in NRW künftig keine Anliegerbeiträge mehr geben.“

Kann Herr Lienesch „hellsehen“?
Aktuell (mit Abstimmung vom 24.03.2022 im Landtag), sieht es wie folgt aus: Bleibt es bei einer geführten CDU-Regierung, liegt lediglich ein Antrag zur Abschaffung der Erhebungspflicht vor. Kein Antrag zur Abschaffung der Straßenbaubeiträge UND auch keine Formulierung, bzgl. der Kompensierung durch Landesmittel. Vielleicht liegt das daran, dass man dieses Ziel gar nicht ernsthaft verfolgt.
Am 24.03.22 lag der Antrag zur Abschaffung auf dem Tisch, der im Übrigen seit 2018 bekannt ist. CDU und FDP haben sich gegen die Abschaffung ausgesprochen und für die Aufstockung der Förderrichtlinie. (Wohl gemerkt, werden auch nur die profitieren, die unter die Förderrichtlinie fallen).


Dokumente

 

Datum Dokument Download
März 2022 Abschaffung der Straßenausbaubeiträge für Anlieger
Sascha Lienesch, Landtagskandidat der CDU
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