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Pressemitteilung zur erneuten Novellierung des Kommunalabgabengesetzes (KAG)

Am 15.03.2022 wurde die „Mogelpackung“ der CDU- und FDP-Landtagsfraktion perfekt.

Am 15.03.2022 erklärten der CDU-Fraktionsvorsitzende Bodo Löttgen gemeinsam mit dem Fraktionsvorsitzenden der FDP, Christof Rasche, sowie der Kommunalministerin Ina Scharrenbach, die von KAG-Beiträgen betroffenen Bürgerinnen und Bürger nun zu 100 % entlasten zu wollen.

Bis heute ist diese beabsichtigte Änderung der Förderrichtlinie schriftlich allerdings immer noch nicht verfügbar, entgegen Frau Fuchs-Dreisbachs Äußerung in ihrer entsprechenden Plenarrede: „anders als unsere Lösung, die, wie gesagt, ab sofort umgesetzt werden kann.“

Wir als Interessengemeinschaft und andere Bürgerinitiativen ebenso sind mit diversen Fragen zur Novellierung der Novellierung des KAG aktiv auf die Politikerinnen und Politiker zugegangen. Leider mussten wir feststellen, dass sowohl am 15.03.2022 als auch am 24.03.2022 während der Plenarsitzung zwar viel gesprochen wurde, es aber es eigentlich nur wenige Veränderungen gegeben hat.

Das hat uns dazu u. a. veranlasst, kurz vor der NRW-Landtagswahl erneut Plakate und Banner drucken zu lassen, um auf wesentliche Unterschiede zwischen dem gesprochenen Wort und den schriftlichen Anträgen aufmerksam zu machen.

Denn eines ist Fakt: Es gibt zwar eine 100%ige Entlastung für Anwohnerinnen und Anwohner, die unter die Förderrichtlinie fallen. Aber es ergibt sich keine ABSCHAFFUNG der Straßenbaubeiträge mit dem beschlossenen Antrag der CDU und FDP (vom 24.03.2022).

Im Folgenden möchten wir daher gerne einige Punkte erläutern, die uns aufgefallen sind und unserer Meinung nach einer Klarstellung bedürfen.

1. Aussage: „Eigentümerinnen und Eigentümer zahlen in NRW keine Ausbaubeiträge mehr“ (Henning Höhne am 24.03.2022) sowie Anke Fuchs-Dreisbach: „Anlieger zahlen nicht mehr – ab sofort und auch rückwirkend (24.03.2022)“

Das ist so nicht richtig!
Die Beiträge wurden nicht abgeschafft, die Erhebungspflicht bleibt. Die Städte müssen diesen Beitrag nach wie vor ermitteln und abrechnen. Hier wurde lediglich die Förderrichtlinie von 50 % auf 100 % aufgestockt. Nur diejenigen Anwohnerinnen und Anwohner, die unter die geänderte Förderrichtlinie fallen, bekommen ihren Beitrag zurückerstattet. Alle anderen müssen die vollen Beitragssätze zahlen, auch im Jahr 2022!

An dieser Stelle möchten wir nur beispielhaft auf die Gemeinde Erndtebrück hinweisen. Die Anwohnerinnen und Anwohner der Wabrichstraße (Kreisstraße) in Erndtebrück haben letzten Monat ihren Beitragsbescheid nach § 8 KAG erhalten.
Folgende Kriterien führen jedenfalls dazu, dass Straßenbaumaßnahmen eben nicht von der Förderrichtlinie erfasst werden und damit beitragspflichtig bleiben:

  • Alle Baumaßnahmen, die vor dem 1.1.2018 beschlossen worden sind.
  • Alle Baumaßnahmen, die keinen Grundsatzbeschluss mit Datum vorweisen können.
  • Alle Baumaßnahmen, die vor 2018 im städt. Haushalt erwähnt wurden.
  • Alle Baumaßnahmen, die ab 2020 umgesetzt worden sind, für die aber kein Straßen- und Wegekonzept der jeweiligen Stadt vorliegt
  • Alle Anwohner, für deren Straßenbaumaßnahmen bis zum 31.12.2024 keine Abschlussrechnung vorliegt.

2. Aussage: „Von derzeit 130 Millionen Euro im Fördertopf sind lediglich gut 11 Millionen Euro abgeflossen“.

Fakt ist: Der Fördertopf umfasst jährlich 65 Millionen Euro. Nicht mehr und nicht weniger. Hier wird mit höheren Fördermitteln geworben, die es faktisch gar nicht gibt. Im Beschluss der Landesregierung von 2019, wurde nicht mitgeteilt, dass sich bereitgestellte Fördermittel summierend ansammeln werden. Nicht abgerufene Fördermittel, werden nicht automatisch ins nächste Haushaltsjahr übernommen.

3. Aussage: „Nach der Wahl schaffen wir die Straßenbaubeiträge ab. Die Landesregierung wird beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten“

Im Wortlaut des Antrags steht etwas anderes und im Wahlprogramm der CDU ebenfalls. Nachlesbar im CDU/FDP-Antrag vom 24.03.2022:
„Dazu soll die Landesregierung NRW dem Landtag bis zum 30.6.2022 ein Konzept vorlegen, wie die Verpflichtung zur Erhebung von Straßenausbau-Beiträgen aufgegeben werden kann, denn es handelt sich bei dem Grundsachverhalt um ausschließlich kommunales Vermögen, welches in der Zuständigkeit und der Verantwortung der jeweiligen Städte und Gemeinden liegt. Damit tragen die Städte und Gemeinden auch die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit für die Erhaltung dieses Vermögens.“

Auszug aus dem Wahlprogramm der CDU:
„Wir werden die Verpflichtung zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen unter Vermeidung von Konnexitätsfolgen abschaffen.“

Hiermit werden Bürgerinnen und Bürger, aus unserer Sicht, getäuscht. Durch unterschiedlichste Berichterstattung wurde der falsche Eindruckt erweckt, dass ab sofort niemand mehr für Straßenbaubeiträge zahlen müsse. Wir sehen dies jedoch aus folgendem Grund sehr kritisch:

Der Antrag beschreibt nämlich nur die Abschaffung der Erhebungspflicht, nicht aber die der KAG-Beiträge selbst. Was eine mögliche CDU/FDP-Regierung nach der NRW-Wahl aus diesem Konzeptvorschlag tatsächlich machen würde, bleibt deshalb völlig offen.

Bürgerinnen und Bürger werden also durch ein „bald auslaufendes“ Fördermittelprogramm (31.12.2024) nur vorübergehend entlastet. Nicht alle, sondern nur einzelne profitieren.

Dies wird aber seitens der CDU und FDP nicht ganz so eindeutig kommuniziert. Eine „richtige Abschaffung der Straßenausbaubeiträge“ hätte am 24.03.2022 mit der Zustimmung zum SPD-Antrag endgültig erfolgen können. Hier hatten sich CDU und FDP Fraktion aber strikt verweigert.

In einem Informationsschreiben von Volkmar Klein, Anke Fuchs-Dreisbach und Jens Kamieth (alle CDU) werden darüber hinaus „Falschinformationen“ an Bürgerinnen und Bürger herangetragen, die zusätzlich für Verunsicherung sorgen.

Unter anderem wird mitgeteilt, dass Anliegerinnen und Anlieger zu 100 % entlastet werden „ohne die Kommunen zusätzlich zu belasten!“. Das ist schlicht und ergreifend falsch. Die Städte müssen aufgrund geltender Gesetze immer noch Straßenbaubeiträge ermitteln und abrechnen, um anschließend die gesamte Förderung zu erhalten. Die Bewilligung dieser Förderung ist erst danach den Grundstückseigentümerinnen und -eigentümern durch Bescheid mitzuteilen.

Hier stellt sich im Übrigen noch die Frage, inwieweit eine gesetzliche Regelung, durch eine untergesetzliche Regelung unterlaufen werden darf...

Hätte man den § 8 KAG abgeschafft, wären die Städte auch nicht mehr dazu verpflichtet gewesen, Straßenbaubeiträge zu erheben und Bescheide zu erteilen.
Die Erstellung des Straßen- und Wegekonzepts sorgt zusätzlich für bürokratisch erheblichen Aufwand. In Kreuztal und Bad Berleburg liegt beispielsweise bis heute überhaupt kein Straßen- und Wegekonzept vor.

Frau Anke Fuchs-Dreisbach hat in ihrer Rede am 24.03.2022 betont, dass der vorliegende Antrag der Fraktionen von CDU und FDP die derzeit Betroffenen endlich zu 100 % entlaste. Die Anwohner in Bad Laasphe, Netphen und Erndtebrück fragen sich nun allerdings wohl zu Recht, wieso sie im Jahr 2022 nicht zu 100 % entlastet werden, sondern nach alter Couleur mit vollen Beitragssätzen rechnen müssen.

Wir haben definitiv „mehr“ erwartet:

Eine grundsätzliche Abschaffung der Straßenbaubeiträge durch die Streichung des § 8 KAG bei gleichzeitiger Kompensierung mit Landesmitteln.

Mit freundlichen Grüßen
die Vertreterinnen der Interessengemeinschaft

Diana Borawski, Christa Guardia, Susanne Linde